Theaterruine
ehemaliger Eingang ins Foyer
Nun ist, wie jeder Heidelberger Bürger weiss, das Stadttheater in Heidelberg ja nur noch eine Ruine, die Bagger haben ganze Arbeit geleistet und die rückwärtigen Gebäude, das gläserne Foyer – das bei seiner Errichtung in den 80ern schon fatal an das ebenfalls in der gleichen Zeit eingeweihte Affenhaus im Zoo erinnerte – und die Anbauten dem Erdboden gleichgemacht.
Doch ein Heidelberg ohne Schauspiel, Oper oder Ballett??
Wer nun geglaubt hatte, während der Umbauphase müssten die Opernsüchtigen, Schauspielhungrigen und Ballettversessenen nach Mannheim, Karlsruhe oder gar Stuttgart ausweichen, der hat sich geirrt!
Eigens für die Übergangszeit wurde die städtische Feuerwehr aus ihrer alten Hauptwache in einen völlig neu erstellten Neubau herauskomplimentiert ;-)) und ein Opernzelt in kürzester Zeit eingebaut.
Parkplatz gegenüber
Tja, und die beste Schwester von allen hat mir nun zum Geburtstag eine Karte für Rigoletto (natürlich mit ihr zusammen) geschenkt.
Also bin ich letzten Freitag abends schon mal zum Opernzelt gefahren, um die barrierefreihe Lage zu testen, denn leider ist es in Heidelberg nicht immer selbstverständlich, bei Neuerungen oder Interimslösungen auch auf die Belange von Menschen mit Behinderungen einzugehen.
Aber ich wurde positiv überrascht! Genau gegenüber des Eingangs wurden 5 Parkplätze für Rollstuhlfahrer eingerichtet, der Zugang zum Opernzelt ist ebenerdig, keine Schwellen o.ä. stellen Stolperfallen dar, auch das Foyer; in der ehemaligen Fahrzeughalle der Feuerwehr angesiedelt, ist ebenerdig erreichbar; die Besucher des ehemaligen Theaters – wow, wie sich das anhört, ehemalig – erinnern sich, das alte Foyer war das nicht und der Treppenlifter war meistens auch nicht in Betrieb…..
Besonders hübsch und unerwartet präsentiert sich die Lounge, die von dem – zugegebernermassen dem früheren Zweck des Gebäudes geschuldet spartanischen und eher schmucklosen Foyers abgeht.
Lounge
Ein Eintauchen wie in eine frühere Zeit; toll was da die Bühnentechnik und/oder Dekorationsabteilung geschaffen hat!
Doch zurück zum heutigen Nachmittag! Das Wetter war überraschend frühlingshaft, die Schneemassen vor der heimischen Garage waren verschwunden und der warme Nieselregen vermieste einem jeden Aufenthalt im Freien! Also die besten Voraussetzungen für einen schönen Opernbesuch!
Schon strömten die Massen, die Garderobenständer bogen sich unter der Last der Mäntel, Schals und nasser Schirme und langsam wurde der Platz im Vorraum weniger.
Opernzelt innen
Angenehm empfand ich die Umsicht der Damen am Einlass, die sich nach unseren Sitzplätzen erkundigten, wohl um sicherzugehen, dass die Plätze auch für Rollstuhlfahrer geeignet waren.
Dann ertönte der Gong und wir konnten das Zelt stürmen!! Ein wenig wie Zirkusatmosphäre hat das Opernzelt ja, aber das macht wohl auch das Besondere daran aus. Das Orchester sitzt fast auf gleicher Höhe, hat aber noch weniger Platz als im alten Orchestergraben, was der Spielfreude aber keinen Abbruch tut!
Dann wurde es dunkel, die letzten Huster hüstelten sich die Bronchien frei, die Dirigentin hob den Taktstock und ……. Allein die Ouvertüre!
Das kann ja nicht gut ausgehen!
Überraschend modern das Bühnenbild, aber geschickt; je nachdem war die Ecke Innenraum oder Aussenfassade, hinter den Lamellenvorhängen verbargen sich weiter Räumlichkeiten, die je nach Szene bonbonfarbig pink ausgeleuchtet sind oder – wenn der Chor den Sturm intoniert –
Die Wahrheit kommt ans Licht
kalt und eisig!
Die Musik hinreissend, die Sänger mit Enthusiasmus dabei und bei der Arie des Herzogs von Mantua „Le donna è mobile“ hörte ich doch rechts und links so manchen Zuschauer mitsummen!
Die gelungene Aufführung wurde vom Publikum mit langem Beifall gewürdigt und auch auf dem Weg zur Garderobe und danach zum Auto konnte man immer wieder Tonfetzen gesummt oder auch gepfiffen von „La donna…“ vernehmen.
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